Füssener Heimatzeitung Nr. 157

85 Füssener Heimatzeitung Online-Vollversion Nr. 157 vom Juni 2018 Treue schlummert im Vergessenen „O dunkle Nacht In Dir wohnt das Gold Uns’re Eltern ließen uns schreien Doch wir werden wieder gesund Unser Geheimnis ist die Treue O Mensch gib Acht Vertrau der Göttin und der weiblichen Macht.“ Diese Zeilen stammen aus einem selbst gedichteten Lied von Hardy Seer. Treue ist ein Geheimnis, denn sie schlummert imVergessenen, vergessen imVer- lernen des Liebens. Tiefe Treue ist keine Abmachung, kein Handeln, kein Gedanke. Treue ist ein Seelen- geschehen, Treu können nur jene sein, die selbstlos sind, jene die lieben, jene die dienen, jene die sich selbst vergessen. Treue, ein existenzieller Ver- bund, sich niemals verlassen, Treue ist der goldene Faden, der stabilen Boden webt, der alles möglich macht, der die Lügen vertreibt, die Klischees, die Tarnungen, dieser Boden der Treue zieht einen in die nackte Wirklichkeit. Und hier findet die höchste Form von Begegnung statt. Wenn man so einem treuen Menschen begegnet, ist das wie ein tiefes Ankommen. Hardy war so ein Mensch. Es war, als ob diese Treue ihn tief durchdrang, sie fast körperlich zu sehen war. Zum 52. Geburtstag seines Freundes Giuseppe Tomasoni dichtete er das Lied „Es kommt eine Zeit“. Dieses endet berührend mit den Stro- phen: „Es kommt eine Zeit es neu zu wagen eine Zeit voll von Vertrau’n. Es kommt eine Zeit sich neu zu fragen eine Zeit voll toller Frau’n. Es kommt eine Zeit sich zu verlieben eine Zeit voll Zärtlichkeit. Eine Zeit für neue Ufer Wo die Sonne für Dich scheint.“ Er wollte ausbrechen Was muss man nur für ein feiner Mensch sein, um so etwas zu schreiben, ein Mensch mit so viel Ge- fühlen, ein Mensch voller Hoffnungen. Was gibt es schöneres, wichtigeres, als diese Hoffnung, diesen Glauben an das Paradies. In diesem Lied geht es nicht nur um Hardys Liebe zu seinem Freund, es geht um seine eigenen tiefsten Sehsüchte, letztlich um die eines jeden Menschen. Doch Hoffnung und Sehnsucht fühlen nur jene, die sich nicht ver- schlossen haben, jene die noch offen sind, jene wie Hardy. Hardy wollte ausbrechen aus seinen inneren Ver- panzerungen, er wollte sich weiter entwickeln, raus aus dem eigenen Gefängnis und hinein in alle Gefühle. Seiner Lust auf Entwicklung und seiner Liebe zum Lech verlieh er in einer Strophe auf die Melodie von „Hey Hey My My“ von Neil Young Ausdruck: „Der Lech fließt davon Du kannst ihn nicht stoppen Hier wirst lebendig anstatt zu verrotten steh auf Du faule Haut kratz doch ab den Rost Der Lech fließt davon Du kannst ihn nicht stoppen“ Fortsetzung auf Seite 86

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