Füssener Heimatzeitung Nr. 157

83 Füssener Heimatzeitung Online-Vollversion Nr. 157 vom Juni 2018 auch von den professionellen und begabten Schauspielern fas- ziniert, die immer wieder aufs Neue total in ihre Rollen reinge- hen, jedes Mal mit einer erschau- ernden Gefühlsintensität. Trotz der vielen Anstrengungen sind es für ihn auch Stunden zum Staunen. Als es schließlich ernst wird, werden ihm und den ande- ren Schauspielern eilig die Plas- tikfolien vom Körper genommen und die letzte Szene wird wieder aufwändig und stimmungsvoll inszeniert. Es war ein aufregender und ereignisreicher Tag für Hardy, es ist vier Uhr nachts, als er sich erschöpft in sein Bett fallen lässt. Sicherheitshalber werden natür- lich viel mehr Szenen gedreht als schließlich im Film verwendet werden, und deswegen sieht man Hardy in dieser Rolle leider nicht im Film, auch wenn er während den Dreharbeiten mindestens einmal komplett auf der Kamera gewesen ist. Diese Szene wurde dann leider nicht im Film ver- wendet. Jedoch im Trailer des Films gibt es ein paar Sekunden, bei denen Freunde von Hardy vermuten, ihn identifizieren zu können. Gelohnt hat sich Hardys Mitwirken bei diesem Film trotz- dem. Mal ein anderes Set Am 15. November 2011 war der zweite Drehtag, an dem Hardy mitwirkte. Diesmal als Staatsrat (was heute einemStaatssekretär entspricht), der in der Münchner Residenz der Thronrede Ludwigs beiwohnt. Die Kulisse für diese Dreharbeiten, nämlich die Halle 9 der Bavaria-Filmstudios in Mün- chen, schafft nicht so eine zau- berhafte Atmosphäre wie der Ori- ginalschauplatz amSchloss Neu- schwanstein. Hardy ist an diesem Tag vor allem überwältigt von dem Gewusel in der Garderobe, vom Einsatz der Maskenbildne- rinnen, natürlich auch von ihrem Charme, und zu guter Letzt von der Thronrede Ludwigs, der er am Set lauschen kann. Im Jahre 1864 hielt König Ludwig vor den bayerischen Ministern, Generälen und Staatsräten seine berühmte Antrittsrede, in der er versprach, das Zepter seinen Vaters fest in die Hand zu nehmen, sich das Wohl seines geliebten Bayern- landes zur Aufgabe zu machen, und in welcher er die Anwesen- den umUnterstützung bei seinen „inhaltsschweren Pflichten“ bat. Hardys Verwandlungskraft Hardys Aufgabe war es, dem Kö- nig nach seiner Antrittsrede be- geistert zuzujubeln, wie es ver- mutlich in Wirklichkeit gewesen ist, und sich dann zu verbeugen. Und dann sollten er und die an- deren 50 Komparsen, die für die- se Szene engagiert worden sind, ganz verstört tun, als der junge und schüchterne König entgegen des Protokolls nach seiner Rede sofort den Saal verließ. Die Rote Schärpe um seinen Oberkörper geschlungen, darunter das weiße Hemd und der schwarze Anzug, gaben Hardy eine Ausstrahlungs- kraft, als hätte er niemals in eine andere Zeit und einen anderen Beruf gehört. Dies war wie für ihn geschaffen. Er schaffte es Kraft seines Aussehens, einen sofort in die damalige Zeit hinein zu versetzen. Lebendigkeit Ob es in diesemMoment für Har- dy selbst einen Hauch von Realität in diesem Raum gegeben hat, trotz der Jetztzeit und der vielen Kameras um ihn herum? Trotz des ständigen Wiederholens die- ser Filmszene, bis sie ganz ge- lungen war? Hat gerade das ihn irgendwann berührt und ihn dann kurz erschüttert, so dass er sich fast erinnern konnte an diesen Tag, als der letzte wahre König Bayerns da vor dem Ministerrat Bayerns stand, um von ihnen zum ersten Mal als König aner- kannt zu werden. Ob er sich ir- gendwo erkannt gefühlt hat als Staatsrat, nicht nur seines Aus- sehens, sondern auch wegen der Haltung eines solchen Mannes, der Stellung, und der Einstellung? Er wäre zu dieser Zeit sicherlich kein gewöhnlicher Bürger gewor- den, ohne besonderes Streben. Er wäre vielleicht genau solch ein Beamter geworden, der Ent- scheidungen für sich und sein Volk mitbestimmen konnte. ■

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