Füssener Heimatzeitung Nr. 157

78 Füssener Heimatzeitung Online-Vollversion Nr. 157 vom Juni 2018 ren und aufgeben waren für ihn Vorgänge, die er abgelehnt hat. „Zu alt“ gab es nicht. Das ewige Zurückschauen und in der Ver- gangenheit wühlen, das depres- sive Verhängen in alten Erlebnis- sen und die daraus resultierende Resignation, das war nichts für Heesters. Depression und Resig- nation kennt er nicht, meint er an diesem sonnigen, warmen Nachmittag auf seiner Terrasse. „Ich habe keine Depression, weil ich immer zu tun habe und dabei nicht auf schlechte Gedanken komme.“ Ja, und auch da hat er recht. Eine ganz einfache und tiefe Lebenserfahrung, die in un- serer heutigenWelt mit den vielen verwöhnten und konsumorien- tierten Menschen leider kaum noch greift. Da geht es ja eher um „Chillen“, Sich-vergnügen, Möglichst-nichts-tun oder Sinn- loses Tun, weit abgespalten vom wirklichen Leben und sich selbst. Und gerade dadurch war er für viele Menschen ein Vorbild, ein Hoffnungsträger. Bei ihm sah man, dass man alt werden konn- te, sogar uralt, und trotzdem im Leben bleiben konnte, aktiv blei- ben, Visionen haben und Lebens- freude. Die Lust am Leben, dafür stand Johannes Heesters zeitle- bens. Der Zauber des Lebens Eine weitere Frage war, wer oder was ihn zuletzt verzaubert hat. Darauf antwortet Heesters, „eine alte Schallplatte von Pavarotti, die ich vor kurzem gehört habe. So eine tolle Stimme gibt es nicht wieder! Dagegen sind die Beatles Klamaukmusik.“ Sich noch ver- zaubern lassen können ist auch ein Punkt in seinem Leben, ver- zaubern und begeistern lassen, das gehört für Heesters zu seiner Lust am Leben. Und auf die Frage, welchen Lebenstraum er sich noch erfüllen möchte, meint er: „ Ihre Leser werden denken, der sagt immer nur dasselbe. Aber ich freue mich auf eine gute, cha- raktervolle, ernsthafte und hu- morvolle Rolle.“ Dieser Wunsch wurde ihm auf jeden Fall noch erfüllt. 2011 spielte er seine letzte Rolle als Petrus in dem Kurzfilm „Ten“. Drehort war die Kultkneipe Schwabinger 7. Dreieinhalb Wo- chen nach der Premiere starb Heesters und die Kultkneipe Schwabinger 7 wurde bereits we- nige Tage nach Drehende abge- rissen. Ein halbes Jahr später stirbt Hardy, ebenso unerwartet wie Heesters. Und mir verblieb die Aufgabe, dieses Interview noch einmal zu sichten, die No- tizen in Hardys manchmal kaum zu entziffernder, schnell hinge- worfener Schrift zusammenzu- tragen und in einen Guß zu brin- gen. Dazu ist Hardy leider nicht mehr gekommen, wie zu vielem. Sonnencreme und Foto „Die Kaffeestunde ist vorbei und Heesters wird ungeduldig, trom- melt mit den Fingern an den Rand des Campingtisches,“ kritzelt Har- dy an den Rand seiner Inter- viewfragen. Schnell holt Hardy Fortsetzung von Seite 77 den Fotoapparat aus dem Auto und drückt ihn der guten Simone Rethel schussbereit in die Hand, die Heesters noch eilig die Son- nencreme aus dem Gesicht streicht. Die Creme, so ihre Be- gründung, hinterlasse weiße Streifen in seinem Gesicht, die sie auf einem Foto nicht haben wolle. Sie steht auf und Hardy setzt sich neben Heesters auf den nun frei gewordenen Stuhl. „Auf ihr Geheiß hin drehe ich mein Gesicht ein wenig zu ihm herüber, und auch er wendet sich nach gutem Zureden seiner Frau ein wenig zu mir. Sie ist eine gute Fotografin, wie ich weiß, und handhabt den Fotoapparat entsprechend professionell. Die Bilder sind gut geworden, wie wir auf dem Display sehen kön- nen. Simone Rethel erzählt noch, dass Jopie vor zwei Jahren in der Sendung „Wetten dass ...“ mit Thomas Gottschalk gewettet habe, dass er zu seinem 110. Ge- burtstag wieder in seine Sendung kommen wolle, sofern es ihn dann noch gäbe." Hardy verab- schiedete sich freundlich und strebte ohne große Verzögerung dem Gartentor zu. Wie schön wäre es gewesen, wenn beide 110 geworden wären! ■  Heesters Haus, in dem Hardy ihn zuletzt besuchte

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