Füssener Heimatzeitung Nr. 157

12 Füssener Heimatzeitung Online-Vollversion Nr. 157 vom Juni 2018 Ein archaisch ursprüngliches Gefühl Ein Traum, den Hardy Seer nicht nur einmal hatte. Seit er in Füssen lebte, hatte er eine intensive, re- ligiös-mystische Beziehung zum Kalvarienberg. Mit diesem Berg verband er Gefühle wie zu einer Ur-Mutter. Gefühle des Geborgenseins, des be- dingungslosen Geliebtwerdens, Gefühle, die ihn in seinen tiefsten Seelenschichten berührten und sich in solchen Träumen, wie oben beschrieben, ausdrückten. Dort spürte er die Eigentlichkeit des Seins, starkwie ein Herzschlag, der alles durchpulst. Für Hardy Seer war das Erleben des Göttlichen als Muttergöttin ein Erfahrungsschatz, den er tief in sich als wahr erspüren konnte. Ein Mysterium, das er vor allem als mütterlich existentielles Bezie- hungsphänomen erlebte. Die Ganzheit der Wirk- lichkeit erlebte er als mütterlich. Und so war es naheliegend, dass er die Gottheit, von der er sich beschützt, behütet, genährt und geliebt fühlte, die ihn ins Leben gebracht hatte, die all seine Freuden, sein Glück, seine Lust und auch seine Im Schoß der Muttergöttin „Ich spüre diesen gigantischen Herz- schlag, er scheint langsam näher zu kommen, wird immer lauter und mäch- tiger. Immer tiefer steige ich hinab, diesem Herzschlag entgegen. Alles dröhnt und vibriert, und ich sehe unter mir in eine große Kammer. Dort schlägt das Herz. Adern gehen von ihm aus. Der ganze Berg wird so durchblutet wie ein Wesen aus Fleisch und Blut. Eine große Ader verläuft direkt hinauf zum Gipfel, dem Gipfel des Füssener Kalvarienberges, und ergießt sich über das ganze Land. Und der Berg verwan- delt sich in eine riesige Frau, eine Göt- tin, die über das Land herrscht, es nährt, es durchströmt mit ihrem Blut.“ Ein Bericht von Juditha Rosensprung  Marienkapelle am Füssener Kalvarienberg auf der Hirschwiese, auch Marienwiese genannt Not ausmachte, als weiblich identifizierte. Und dieses Mysterium war für ihn eine einschneidende Wende von einer vormals männlichen Gottheit hin zu einer weiblichen, zur Muttergöttin, ein archaisch ursprüngliches Gefühl, demer nicht anders Ausdruck verleihen konnte als mit dem Begriff Muttergöttin.

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